“Mama geht es nicht gut, Liebling. Mama ist krank”

Familie, Mama erschöpft

Es gibt schon länger Situationen unter uns Müttern, die ich nicht verstehe. Naja eigentlich zwischen uns Menschen. Immer und immer wieder neigen wir dazu Momente, die nicht gut laufen als “krankhaft” zu kategorisieren. Schläft das Baby nicht gut? Hat es sicherlich irgendetwas, dass man verbessern könnte. Mithilfe fragwürdiger Methoden wird angefangen am Baby herum zu experimentieren, um letztendlich, wenn das Baby irgendwann einmal resigniert sagen zu können: “Hab ich es doch gewusst, da war doch was”

Oder Babys, die gerne und viel schreien. “Ist bestimmt ein Schreibaby” Fangen wir Mal an es zu therapieren. Ja, unsere Gesellschaft neigt irgendwie dazu Dinge, die nicht laufen nicht als normale Situation zu klassifizieren, sondern als pathologisch. Um genau dies zu ändern, bin ich immer ein ehrlicher Mensch. Ich schreibe auf, wenn es mir nicht gut geht. Vor allem aber möchte ich zeigen, dass nicht normal, nicht gleich bedeutet, dass es falsch ist. Es ist eben manchmal nur anders. Es ist so schade, dass wir Momente, die anders laufen, immer gleich als krank bewerten. So nehmen wir ihnen von vornherein den Zauber. Mein letzter Text sollte nichts anderes zeigen, als genau das. Die Liebe zu meiner Tochter ist nicht weniger emotional, nur weil die Situation eine andere ist. Sie ist genau so wundervoll und wertvoll nur zu einer völlig anderen Zeit.

Ebenso empfinde ich meine neue Rolle als sehr anstrengend. Die Gegebenheiten drum herum empfinde ich als Kräfte zehrend. Ja, das tue ich. Darüber schreibe ich, weil es normal ist, weil wir Mütter uns nicht ständig von all den vielen Erwartungshaltungen kaputtmachen lassen müssen. Weil es gut ist, anderen zu sagen: “Bis hierhin und nicht weiter” und auch, weil es gesund ist auszusprechen, das etwas verdammt anstrengend ist. Deswegen ist man noch lange nicht krank. Auch nicht dann, wenn man etwas als viel Arbeit empfindet. Es bedeutet nicht gleich, dass man an einer Depression leidet. So schnell eine pathologische Diagnose gestellt zu bekommen ist in meinen Augen der Grund dafür, warum viel zu viele Frauen an sich halten mit ihren so erschöpften Gefühlen. Sie äußern sich nämlich erst dann, wenn es wirklich zu spät ist. Man sollte nicht erst sprechen, wenn man schon kaum noch Kraft hat zum Atmen.

 

WIR sollten endlich lernen unsere Gefühle zu benennen.

Das ist wichtig. Dieser Weg heilt. Es ist der Einzige. Ich habe noch nie einen Bogen, um meine Gefühle gemacht. Ich litt sehr lange an Depressionen. An einem grauen Schleier, der sich kräftezehrend über meinen Kopf warf. Ein Zustand, bei dem ich weder Trauer, Verzweiflung, Wut von meiner ständig anhaltenden Müdigkeit auseinanderhalten konnte. Jeden Tag fühlte ich mich gleich leer. Doch das Schlimmste in eben dieser Situation war, ich konnte sie nicht benennen. Letztendlich führte mein Schweigen zu einer mittelschweren Depression. Heute rede ich über meine Gefühle. Bennen meinen Erschöpfungszustand. Manchen fehlt vielleicht die eigene Akzeptanz, um mit einem Zustand des Körpers umzugehen, bei dem man nicht mehr wie gewohnt funktioniert. Sie schaffen es nicht mehr alleine aus der Erschöpfung. DAS ist okay. Wir sind doch nur Menschen und keine Maschinen, die immer und überall funktionieren.

 

Mama, erschöpft, Wochenbettdepression

“Hey, du bist okay. Wir sind alle Mal erschöpft”

Ist es nicht traurig, dass wir gleich als krank gelten, wenn wir offen und ehrlich über unangenehme Dinge reden? Frei nachdem Motto, gib dem Kind einen Namen und es ist greifbar, verständlich. Für den ach so realistisch denkenden Menschen ergibt das Stunden lang schreiende Baby urplötzlich einen Sinn und ganz wichtig, ab dem Punkt der Diagnose Stellung können wir intervenieren. Jetzt haben wir etwas, womit wir arbeiten können.

 

Jetzt ist der Mensch krank! Hurra ..

Wir können endlich damit beginnen ihn zu heilen. Wo es vorher noch hieß, da sein. Einfach nur da sein. In den Arm nehmen. Heißt es nun aktiv an den Zustand herantreten und ihn so schnell wie möglich wieder in Griff bekommen. Das Uhrwerk muss sich wieder beginnen in Gang zu setzen. Es wird geölt, geprüft und auf Beständigkeit getestet. Funktioniert es können wir es sorgenfrei zurück ins Regal stellen. Es geht nach einem kurzen Ausfall wieder dem nach für, was es konzipiert wurde. Statt den Blickwinkel zu verändern, haben wir das getan, was wir am besten können – Fehler beseitigen. CHECK: Aber was wäre, wenn es überhaupt kein Fehler ist?

Was machen wir mit Babys, die nachts nicht schlafen, während Millionen andere Menschen friedlich schlummernd in ihren Betten liegen? Wir planen, denken um statt einfach MAL da zu sein. Statt anzunehmen, dass sie unsere größten Lehrmeister des Lebens sind. Zu singen, zu kuscheln. Zu genießen! Ja, auch nachts kann man genießen. Tun wir, dass was wir am besten können – Situationen verändern. Dabei hatte ich den schönsten Moment mit Sam, als er einmal die halbe Nacht nicht schlafen wollte. Wir lagen beide auf dem Sofa. Er total wach. Ich total müde, während ich mich fragte, warum gerade mein Sohn einfach nicht schlafen wollte. Gott sei Dank kam der Moment, in dem ich die Situation einfach akzeptierte.

 

Ich fing an ihn anzuschauen.

Plötzlich lächelte er. Gluckste fröhlich vor sich hin. Die Zeit verging, während wir Händchen haltend auf dem Sofa lagen und uns bestaunten. Gegen 5 Uhr stellte ich mich ans Fenster, dachte an die Tage, in denen ich jetzt aufstand, um mich für meine Arbeit fertigzumachen. Stattdessen stand ich in diesem Moment vor meinem Fenster. Schaute auf die dunkle Stadt mit einem süßen Baby auf dem Arm. Statt zur Arbeit zu fahren, um mich wieder über Kleinigkeiten zu ärgern, stand ich dort unheimlich müde von der kurzen Nacht. Doch als ich dort so stand und auf einmal realisierte, dass ich mich mit meinem “nicht schlafenden Baby” in einer viel besseren Situation befand, spürte ich endlich, dass ich die Situation schlichtweg aus dem falschen Blickwinkel betrachtet hatte.

Es ist Zeit frei in unseren Gedanken zu werden. Frei für den Zauber der Dinge, die wir nicht auf Anhieb benennen können. Lasst uns einfach anders sein und dabei gut genug für die Gesellschaft. Wir haben so viel Potenzial unsere Fußstapfen zu hinterlassen. Wenn wir nur endlich lernen würden, dass sie alle gleich wertvoll sind.

Natürlich sind wir nicht gleich, denn nur das Eine wäre doch irgendwann furchtbar langweilig, findet ihr nicht?

 

 

DU BIST WUNDERVOLL !!!

Tags: Alltag Familie, erschöpft Mama, Familie

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Ich bin 34 Jahre jung. Mama von zwei Kindern. Einem Sohn (01/14) und einer kleinen Tochter (08/16). Gemeinsam leben wir am Stadtrand von Köln. Streifen durch die Wälder, kochen, backen und tanzen zusammen. Meinen Blog gründete ich an einem kühlen Februarmorgen im Jahr 2014, als ich nach der Geburt meines ersten Kindes wieder einmal dachte: "So wir mir, geht es sicherlich vielen anderen Eltern da draußen, wieso spricht denn keiner darüber?" In diesem Augenblick traf ich den Entschluss und offenbahrte meinem Partner: "Liebling? Ich blogge - jetzt!" und das war die Geburtsstunde meines Mamablogs. Schön, dass Du den Weg zu mir gefunden hast!
Manchmal ist es einfach anders! Wohin soll die Reise gehen? Norddeich - bis hier hin und nicht weiter.

Comments

    • Gabi
    • 20. November 2016
    Antworten

    Großartige Worte! ♥

      • Alina
      • 21. November 2016

      Vielen Dank, liebe Gabi!

      Liebste Grüße, Alina

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