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Wie Finanzbildung für Kinder, Jugendliche und deren Eltern aussieht und wie sie gelingen kann – Finanzexperte Patrick Dewayne gibt ANTWORTEN auf die wichtigsten Fragen

Unsere Lieblingsmenschen, also unsere Kinder, beginnen ihre Reise völlig unvoreingenommen in unserer Welt. Sie kennen kein „Gut“ und „Böse“, „Schwarz“ oder „Weiß“ und auch kein „Arm“ oder „Reich“. Wir als Ihre Eltern kennen diese Dinge schon, haben eine Haltung dazu und im besten Falle schaffen wir es, unsere Kinder im Bewusstsein zu erziehen, dass alle Menschen gleichwürdig sind und gleichwertig, bei aller Unterschiedlichkeit in Sprache, Religion oder Lebensbiografie. Beim Thema Geld sind die Haltungen oftmals verwässert und nicht ganz klar abgetrennt. Wir laufen nicht selten mit den Rücksäcken der Redewendungen und Haltungen zum lieben Geld unserer eigenen Eltern umher und wissen doch, dass im Besonderen die negativen Glaubenssätze keine solide Grundlage sein können, um im Erwachsenenalter vor Armut gewappnet zu sein – oder im Rentenalter vor Altersarmut.

Wo also anfangen? Wie mit Miss und Mister „unvoreingenommen“ das Thema anfangen? Meine Antwort: Spielerisch, denn die Pädagogik lehrt uns in vielen Bereichen, dass spielerisches Lernen der sinnvollste Weg ist, sich die Welt zu erschließen. Das gilt auch für den vernünftigen und wohldosierten Umgang mit Geld.

Fotocredit: Eugen Sommer

 

Wie beginne ich, das Thema „Geld und Finanzen“ kindgerecht anzupacken?

 

Patrick Dewayne: Wir haben selber drei Kinder im Alter von 11, 8 und 5 Jahren und ich erinnere mich noch daran, dass es eigentlich weniger um Geld ging zu Beginn der „Sensibilisierungsphase“, sondern um Zahlen und das Zählen. Egal, ob bei Spielen wie „Fang den Hut“ oder „Mensch ärgere Dich nicht“, zunächst gilt es, einen Bezug zu Zahlen herzustellen. Da sind Würfel und Spieleklassiker ein toller Einstieg. Ergänzend haben meine Frau und ich unsere Kinder beim Einkaufen mit einbezogen. Natürlich nicht bei jedem Einkauf, aber klassischerweise beim Brötchenholen am Wochenende. Was kostet ein Brötchen? Was ein Croissant und ein Dinkelbrot?

Die Kinder haben wir dann selber bezahlen lassen und sie haben auch das Wechselgeld zurückerhalten – das macht das Ganze dann auch noch haptisch und begreifbar, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Grundidee ist, Kinder an den Umgang mit Geld zu gewöhnen. Sie sollen sich damit vertraut machen, ohne jegliche emotionale Aufladung. Da eignen sich Spiele, Bäckereien und Wochenmärkte vorzüglich als Kennenlern- und Ausprobiermöglichkeit.

 

 Keine Zinsen auf dem Sparbuch – doch wie lege ich heutzutage Geld für die Jüngsten der Familie sinnvoll und rentierlich an?

 

Patrick Dewayne: Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind und Jugendlicher am Weltspartag meine Zinsen auf dem Sparbuch habe nachtragen lassen – beim netten Mann hinter der Glasscheibe. Sentimental blicke ich darauf zurück, aber auch ohne falsche Interpretation der Fakten.

Sparen ging leicht und das Geld wurde mehr, also die Zahl auf dem Sparbuch größer. Das dachte ich zumindest. Aber was Kaufkraftverlust und Inflation waren, davon hatte ich keinen Schimmer.

Auch zwischen 1980 und 2020 gab es schon einige Jahre, in denen Geld weniger wert wurde auf dem Sparbuch und trotz Verzinsung an Kaufkraft verlor. Die sogenannten Realzinsen, also die Differenz aus Habenzinsen und Inflation, waren auch schon vor 2020 negativ. Die sinnvolle, weil risikoarme und trotzdem rentierliche Variante des „Sparbuches“  heißt heute Aktien ETF. Es gibt viele unterschiedliche Anbieter, wie „Oskar“ oder „Weltsparen“, oder „Revaluate“, aber die Idee ist immer dieselbe: Geringe Kosten bei der Anlage in diese passiven Indexfonds und die Gewissheit, dass statistisch positive Renditen erwirtschaftet werden – bei gleichzeitiger Sicherheit. Wobei es keine Garantien gibt, aber Fakten, die für sich sprechen. ETFs sind zurzeit zu Recht in aller Munde und reduzieren die Dauer, sich mit dem Thema Altersvorsorge beschäftigen zu müssen auf homöopathische Dosen.

 

Warum haben wir als Eltern so oft ein flaues Gefühl bei der Beratung in einer klassischen Bank?

 

Patrick Dewayne: Banken bieten Beratungsgespräche ja immer noch „kostenlos“ an. Aber glauben Sie mir, sie kosten de facto Geld. Wie sollte sich die Bank sonst samt Mitarbeiter*innen finanzieren?

Die Kosten sind besonders bei sogenannten „Rentenprodukten“ oft versteckt und fallen eigentlich den meisten erst auf, wenn die Auszahlung der Sparsumme ansteht und Sie sich fragen, warum der Betrag doch kleiner ist als zunächst vom Berater in Aussicht gestellt. Oftmals verweisen diese auf die Negativzinsen der EZB, aber stimmt das eigentlich oder was macht die Durchschnitts – Rentenversicherung so „unsexy“? Es sind Provisionen für Vermittler, Kapitalanlagegesellschaften und den Wasserkopf der Banken und Institutionen. Nicht selten summieren sich die „versteckten“ Kosten, die man bei seiner Gesellschaft erfragen kann auf 20 bis 30 Prozent des monatlichen Beitrages, plus der Einmalzahlung an Provision zu Beginn der Vertragslaufzeit.

 

Wo kann ich mich gut und fachlich neutral beraten lassen und wie treffe ich eine profunde Entscheidung, welche Anlagen ich für den Aufbau einer Zusatzrente nutzen möchte?

 

Patrick Dewayne: Ich empfehle tatsächlich zunächst den Aufbau von Finanzbildung, um zu unterschiedlichen Themen rund ums liebe Geld, wie z.B. Immobilien, Aktien, Fonds oder Rentenfragen, einen ersten guten eigenen Eindruck und eigenes Wissen zu erwerben.

Der Schlüssel Finanzkompetenz. Bücher wie „Geld kann jeder & Du jetzt auch“ können der richtige Sparringspartner bei allen Finanzfragen sein. Wenn es dann ans „Machen“ geht, empfehle ich einen Blick auf Webseiten von unabhängigen Beratern und Honorarberatungsfirmen. Alternativ dazu eignen sich auch Verbraucherzentralen, die ein recht gutes Angebot an Finanzwissen aufbereitet haben. Dann ein Depot eröffnen oder über einen Finanzberater eröffnen lassen und los geht es. Sparen ist kinderleicht und sinnvoll. Allerdings bedarf es einer Prise Finanzbildung, um zu verstehen, dass unsere Renditen im Jahr 2020 in ETFs und Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffen, Immobilien und Anleihen und nicht mehr in Sparbüchern erwirtschaftet werden.

 

 

Das Buch vom Finanzcoach

 

Warum wird das Thema Finanzbildung nicht in Schulen gelehrt und unterrichtet?

 

Patrick Dewayne: Eine sehr gute Frage, zumal ja 90 Prozent der 16 – 25-jährigen sich – laut einer Studie der ING aus dem Jahr 2018 – ein solches „Finanzunterrichtsfach“ wünschen würden. Übrigens mehr als die Hälfte der Befragten als Pflichtfach. Ich glaube, historisch bedingt, wollte man im Nachkriegsdeutschland die reine Wissenslehre und die „Kapitallehre“ voneinander trennen. Meine Lehrer, viele „1968er“ waren da auch ideologisch eher linkspolitisch geprägt, heute sind wir alle pragmatischer unterwegs – Gott sei Dank. Der Grund, weshalb es heute nur vereinzelt Finanz AGs oder Börsen – Clubs an Schulen gibt, ist auch dem mangelnden fachlichen Knowhow der Lehrer*innen geschuldet und das Curriculum sieht solche Inhalte auch nicht wirklich vor. Noch nicht. Ich glaube, auch in diesem Themenfeld tut sich etwas – glücklicherweise.

 

 

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