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Hebammen? Wer brauch die schon?

Geburtsgeschichte 1 von Nina V. 66389284_preview_mif fotolio.de Also... eine Entbindung ohne Hebamme kann ich mir spätestens seit meiner 2. Geburt nicht mehr vorstellen. Da ich eine Schwangerschaftsdiabetes hatte, wurde bei mir am Stichtag (13.12.2013) eingeleitet. Also erstmal ist eine Einleitung in nichts gleichzusetzen mit normalen Wehen. Sie starten von 0 auf 100 in 5 Minuten und kommen sehr schnell und heftig hinter einander. Und das deprimierendste: sie sind häufig erstmal lange Zeit vollkommen wirkungslos. Um 9 Uhr morgens bekam ich die 1. Tablette. Und kurz darauf setzten die Wehen schon ein. Eine Stunde lang habe ich mich ordentlich gequält und als die Hebamme irgendwann nach dem Muttermund tastete und nur meinte, dass sich rein gar nichts getan hat, hatte ich ja schon den Papp auf. Ich musste zur Toilette. Durch die Bewegung verschwanden die Wehen und die junge Stationsärztin schickte mich in mein normales Zimmer. Ich solle am nächsten Tag wieder kommen, da bekäme ich dann zwei Dosen von dem Mittel. Und wenn ich nochmal Schmerzen bekommen sollte, würden mir die Schwestern ein Mittel dagegen geben. Na toll. Da ich NATÜRLICH die Hälfte meiner Sachen zu Hause vergessen hatte, fuhr mein Mann dann also erstmal nach Hause. Er war gerade weg, da setzten die Wehen wieder ein. Aber gut, die Ärztin hatte ja gesagt, dass das passieren könnte. Weil es aber sehr schnell wieder sehr heftig wurde, trabte ich nach einer Weile zum Schwesternzimmer, um mir ein Mittel zu holen. Da wies man mich aber darauf hin, dass bei den Hebammen gerade ein Schichtwechsel stattgefunden hätte und die Leitung mich gerne nochmal untersuchen würde. Na gut, warum nicht. Und da traf ich dann auf Susanne! Ca. Ende 30, kernig, stämmig und richtig frei Schnauze. Eine handfeste Dame, die wirklich in jeder Situation ruhig bleibt und immer die richtigen Worte findet. Ich mag Leute, die mir in Angst-Situationen sagen können, wo es lang geht. Also liebte ich sie von Anfang an!! Sie untersuchte mich kurz und meinte:,,Also... ich kann dir jetzt n Schmerzmittel geben, du kannst dann aber trotzdem nicht schlafen und wir sehen uns morgen wieder. Oder du vertraust mir, arbeitest mit mir zusammen und hast in ein paar Stunden deine Maus im Arm. Ich:,,Gut. Ich habe heute eh keine anderen Termine mehr, dann machen wir das doch!" Und dann ging es los.... ich habe keine Ahnung, was das genau war, was sie da mit mir gemacht hat, aber ich würde es mal laienhaft als "Gebärendenyoga" bezeichnen. Und eins kann ich sagen: Turnübungen unter heftigen Wehen, bei denen man eigentlich nur ganz still liegen und atmen will, sind eine völlig neue Erfahrung. Sie hat mir verschiedene Übungen und Atemtechniken gezeigt, die ich auch im Vorbereitungskurs noch nie gesehen hatte. Nach einer Stunde turnen und atmen hatte sich am Muttermund immer noch nichts getan. FRUST!!! Susanne meinte:,,Liebes, hör auf dir einen Kopf zu machen. Das hier ist eine Einleitung. Das kann von jetzt auf gleich losgehen, oder aber die werdende Mama liegt hier ein paar Tage... aber du nicht. Wir zwei kriegen das heute noch hin." Nach einer weiteren Stunde, die mich echt fertig machte, ließ sich immerhin eine fingerbreite Öffnung feststellen. Susanne:,,Wenn Dein Mann dabei sein will, sollte er bald hier auflaufen." Ich:,,Bei einem Finger breit?? Das dauert doch noch eeeeewig, bis der Rest auf ist." Sie:,,Bist du der Profi, oder ich? Ruf ihn an." Das alles sagte sie mit einem lieben Lächeln und Zwinkern. Zwischen den Übungen gab sie mir übrigens immer wieder irgendwelche Globulies. Angeblich gegen die Schmerzen. Aber ich glaube eher, das hatte was mit den Wehen oder dem Mumu zu tun hatte. Auf einmal wurden die Wehen dann richtig übel. Ich rief meinen Mann an, der sich sofort ins Auto setzte und turnte und atmete weiter. Aber nach 20 Minuten wollte ich dann doch eine PDA haben, die Schmerzen wurden unglaublich heftig und praktisch ohne Pause. Susanne zögerte das anrufen in der Anästhesie ganz offensichtlich hinaus und als sie es endlich doch tat, kam dann auch mein Mann endlich ins Zimmer. Kurz darauf kam die Anästhesistin. Und das kann ich sagen: so ein unsympathisches, null-Bock-Weibsbild ist mir noch nie begegnet. Dann hielt sie auch noch Smalltalk mit meinem Mann (Neurologe), über PDAs und Nebenwirkungen, während ich langsam anfing zu schreien, weil es einfach immer krasser wurde. Irgendwann hab ich die Tussi und meinen Mann angeblafft, dass sie sich ja aufn Kaffee treffen können, wenn Madam ihren Job erledigt hat, aber falls es den beiden Ärzten nicht auffallen sollte:,,ES GEHT MIR SAU SCHLECHT!!!" Da sagt die blöde Kuh doch tatsächlich:,, Immer mit der Ruhe, man sollte sich nie mit jemandem anlegen, der einem gleich ne Nadel in den Rücken sticht." Ich wollte gerade ausrasten, da meinte Susanne nur:,,Hey!! Ein bisschen Mitgefühl und Respekt wären angebracht, Frau Doktor. Diese Frau bekommt ihr zweites Kind. Das sind zwei mehr als sie haben. Sie wissen nicht, was sie gerade durchmacht, ok?" Fand ich super!!! Bevor die Olle dann loslegen konnte, hat sie noch einmal getastet und meinte dann:,,Sie können wieder gehen. Mumu ist offen (in gerade mal 45 Minuten komplett aufgegangen), wir schaffen den Rest auch so." Also ist die wieder abgezogen, was mir ganz recht war, denn die war einfach ätzend. Susanne hat die Fruchtblase gesprengt und dann konnte gerade noch der Arzt in Position gehen, als es auch schon losging. Musste nur 2x pressen, bis das Köpfchen draußen war und während Susanne noch sagte:,,Ok, stopp, nicht mehr pressen... Hallo!! PAUSE!!" ... machten die Wehenstürme was sie wollten und Meike flutschte so schnell raus, wie der Arzt gerade noch zupacken konnte. Sektkorkengeburt, meinte Susanne. Weil die Kleine so schnell raus gekommen ist, hatte meine Gebärmutter ein paar Probleme damit, sich zusammen zu ziehen. Aber auch das bekam meine Superhebi schnell in den Griff. Ich hatte da peinlicher weise alles zusammengebrüllt (was mir bei meinem 1. Sohn nie passiert wäre... da war ohnehin alles ganz anders) und habe mich bei ihr dafür entschuldigt. Und sie meinte einfach nur:,,Hör sofort auf damit. Du hast das sowas von perfekt und professionell gemacht, da gibt es nichts zu entschuldigen. Wenn du oben alles raus lässt, lässt du auch unten leichter los. Das war genau richtig." Ich:,,du wolltest gar nicht, dass ich eine PDA bekomme, oder?" Sie:,,Nein. Ich wusste, dass du den Schmerz für die benötigte Zeit aushalten kannst. Und so ging es viel schneller. Außerdem ist die Anästhesistin dafür bekannt, dass sie öfter stechen muss. Das wollte ich dir ersparen. " Wir sind heute sehr glücklich mit unseren zwei gesunden Kindern. Ich liebäugele trotzdem mit Baby Nr. 3. Aber eine Geburt ohne Hebamme, wäre für mich persönlich so undenkbar, dass ich dann doch lieber nur bei zweien bleiben würde. Werde mich deswegen beizeiten mal in der Geburtsklinik erkundigen, wie es da mit den Hebammen in Zukunft aussieht. Danke, Liebe Nina, für deine tolle Geschichte.< Ich freue mich darauf, euch schon bald die nächste tolle Geschichte vorstellen zu dürfen -schaut bald wieder rein, ich freu mich drauf!

Da dachte man, es wurde sich geeinigt und es sei stiller, um das zu lösende Problem der Hebammen geworden und auf einmal ändert halb Deutschland sein Profilbilde im social Media Kanal Facebook, um aufzuzeigen: “Hey, hier stimmt noch lange nicht alles.”

 

Da stellt sich mir die Frage: In welche Richtung bewegt sich die Geburtshilfe eigentlich?

Welche Zukunft sieht unser Land für die freiberuflichen Hebammen vor und welche Konsequenzen hat das für unser eins, der die Hilfe einer Hebamme gerne in Anspruch nehmen würde? Wirkt sich das ganze Drama nur auf die Hebammen in der freiberuflichen Sparte aus oder läuft es auf Konsequenzen im gesamten Geburtssektor hinaus?

Wie und Wann hat das Ganze eigentlich Angefangen?

Das ganze offensichtliche Drama, um die Hebammen, fing mit dem Vorhaben an, die  Berufshaftpflicht einer freiberuflichen Hebamme, die unter anderem in Geburtshäusern Geburten betreut, zu erhöhen. Diese Erhöhung sollte so aussehen, dass eine Hebamme die 2004 noch 1325 Euro zu zahlen hatte, ab Juni 2016 nun 5091 Euro zu zahlen habe . Die logische Konsequenz aus dieser zu zahlenden Summe? Für zahlreiche Hebammen kündigt sich ein ungewolltes Aufgeben ihrer Tätigkeit an, denn diesen Beitrag können viele einfach nicht zahlen.

Es ist ohne hin schon ein Dilemma was eine freiberufliche Hebamme an sich verdient. Aber, irgendwie geht es. Leider werden bei dieser Haftpflicht viele gezwungen, ihren Job “sinnbildich gesprochen” an den Nagel zu hängen.  Geburtshäuser müssen schließen, die Wochenbettbetreuung zu Hause steht in den Sternen und auch der Rest der Geburtshilfe ist davon nicht unbetroffen, denke ich.

Warum erhöht man die Summe, in der Berufshaftpflicht der Hebammen, so drastisch?

“Schwerstgeschädigte haben heute dank der modernen Medizin eine wachsende Lebenserwartung”.An dieser Stelle wirft sich mir die Frage auf:

“Ist eine Geburt überhaupt versicherbar?”

Erst einmal möchte ich den aktuellen Stand (Okt. 24.10.16) der Debatte zwischen Politik und Hebamme darlegen. Man hat sich darauf geeinigt, dass es einen Zuschlag für Hebammen geben wird. Wie dieser aussehen wird und wie hoch er ausfällt ist noch unklar.

“Mittlerweile wurde das ursprüngliche Angebot modifiziert, die Vergütung der Beleghebammen im Schichtdienst nach oben korrigiert und die gesamte Vergütung um einen Zuschlag ergänzt”, so erklärt der Verband den Schritt zur Einigung, doch begeistert ist man noch lange nicht auf der anderen Seite der Disskussionstafel.

Wieso dann die Einigung?

Man hat befürchtet, dass sich noch mehr Hebammen von ihrem Beruf verabschieden und das wollte man derzeit noch nicht riskieren, denn die Hebammen kämpfen weiter und mit ihnen viele Menschen, die daran glauben, dass eine Geburtshilfe ohne Hebammen kein adäquates System mehr ist.

“Wir fordern weiterhin eine strukturelle Lösung der Haftpflichtproblematik. Die Zuschläge helfen nur kurzfristig,” erklärt DHV-Präsidentin Martina Klenk. Eine langfristige Lösung sei nötig, “um die Versorgung mit Hebammenhilfe zu sichern und Frauen die Wahlfreiheit des Geburtsortes zu ermöglichen.”

Wenn ich mir einmal die Zeit nehme, denke ich ein Stück weiter: was wäre wenn, haufenweise Geburtshäuser schließen und freiberufliche Hebammen ihren Beruf aufgeben müssten? Würden die Krankenhäuser weiter mit Hebammen arbeiten? Würde dort der Beruf beständig bleiben oder würde man auch dort einen Wechsel der Arbeitsverteilung anvisieren?

Kaiserschnitte am Fließband. Wäre das unsere zu erwartende Zukunft?

Nach meinem Kaiserschnitt, werde ich anschließend nach Hause entlassen mit meinem ersten Kind und wer wartet dort? Meine Intuition, sonst nichts? Meine Narbe schmerzt, das Kind weint, ich bin voller Fragen und ohne Antworten: was richtig ist und was falsch?

Rosige Zukunftsaussichten oder nicht?

Selbst wenn das System der Krankenhäuser erst einmal bestehen bleibt, bleibt ja die Tatsache, dass ich in Zukunft ohne freiberufliche Hebamme keine Wochenbettbetreuung mehr haben werde oder?

Und das alles ,weil?

Ach richtig, “der Grund für den Kostenanstieg: Schwerstgeschädigte haben heute dank der modernen Medizin eine wachsende Lebenserwartung“. Hinzu kommt, dass viel häufiger, als früher geklagt wird. Nicht nur die Eltern klagen, sondern auch die Sozialversicherungen wollen ihren Anspruch geltend machen. So nehmen die Krankenkassen die Hebammen für Geburtsschäden in die Pflicht. Wie bereits angekündigt, stellt sich mir die Fragen: ” Ist eine Geburt denn überhaupt versicherbar?”

 

Nachtrag

 

Der aktuelle Stand im November 2017 ist der, dass sich die Hebammenpolitik weiter verschlechtert hat. Es sieht wohl so aus, als ob es in Zukunft Wochenbettambulanzen für frischgebackene Mütter geben wird. Die Situation ist also so schlechter, als damals, in jener Zeit, als ich diesen Artikel verfasste.

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