Brief einer Mutter, die ihren Frieden gemacht hat.
Am Anfang ist die Zeit mit einem Baby nicht immer einfach. Diese Erfahrung musste auch Sabine vom Blog Mama sein Frau bleiben machen. In einem wunderschönen Brief an ihren Sohn erzählt sie uns von dieser Zeit und nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Zu diesem Thema gibt es ebenfalls auf dem Blog Grosseköpfe einen Text der Mut. Er lehrt uns bei uns zu bleiben und auf unser Gefühl zu vertrauen. Nur wenn es uns Mamas gut geht, kann es am Ende auch unseren Kindern gut gehen. Wie dieser Weg auch aussehen mag. Er ist mit Bedacht und Liebe gewählt.
Mein lieber Sohn,
vier Jahre wirst du in wenigen Tagen alt und es fühlt sich so an, als würde uns die Zeit weglaufen. Die Zeit, dich als Kleinkind und Baby in Erinnerung zu behalten. Was aber bleibt und bleiben wird, sind die Erinnerungen an die harte Anfangszeit. Du kannst es nicht mehr wissen, aber wir beide haben viel geweint, weil nichts so klappte, wie es sein sollte. Weißt du, ich hätte dich gern gestillt. Schon als du in meinem Bauch warst und ich überall lesen musste, dass jede Frau stillen kann, wusste ich, dass auch ich das können kann.
Die Realität sah anders aus. Es ging nicht. Du warst ein kleiner Wurm, der nicht so kräftig war und ich hatte nicht die Ruhe, dass wir beide uns an dieses Stillen hätte gewöhnen können. Ich bildete mir ein, das sollte sofort klappen. Schließlich las ich das ja auch überall. Nur du, du und dein Körper machten nicht so, wie es die vielen Ratgeber doch vorhersagten. Und das wunderte und verunsicherte mich. Schließlich solltest du doch das beste bekommen, was ich dir bieten konnte. Aber warum wolltest du das dann nicht?
Ich habe darauf keine Antwort erhalten. Auf die Frage, warum es denn nicht klappte, bekam ich aber auch von Hebammen und der Umgebung keine Antwort. Stattdessen wuchs das Unverständnis in diese angeblich so natürlichste Sache der Welt. Ich grollte: mit dem Stillen, dem Muttersein. Nur mit dir, da war alles fein. Nach ein paar Wochen entschieden dein Papa und ich, dass Schluss sei mit dieser ganzen Stillerei. Wobei, der Name ist ganz falsch. Es war ein Kampf-Anlegen, mehr eigentlich nicht. Und als du mit deiner Flasche satt wurdest, immer größer und schwerer wurdest und die Zeit verging, wurde ich entspannter.
Ich las trotzdem weiterhin, wie gut Stillen für Babys sei. Dass die Bindung zwischen Mutter und Kind so viel stärker sei. Zwischen den Zeilen las ich, dass du nur durchs Stillen zu einem anständigen und glücklichen Kind wachsen würdest.
In wenigen Tagen wirst du vier, mein süßes Flaschenkind. Und schaue ich dich an, wie du mit deinen großen Augen diese Welt erkundest, kletterst, forschst, fragst, lernst und verstehst. Es ist eine Freude dich beim Großwerden zu Beobachten. Du bist von einem Drei-Kilo-Wurm zu einem tollen kleinen Jungen geworden, der täglich mein Herz mehr mit Freude und Stolz erfüllt. Deine kindliche Neugier und deine Zufriedenheit machen mir bewusst, dass wir nicht so falsch mit unserer Erziehung und unserer Einstellung zum Kind liegen.
Mit deinem Wachsen wachse auch ich. Genau wie du, habe auch ich Phasen durch litten und durchstanden. Und genau wie du, habe auch ich Einstellungen abgelegt. Vor einem Jahr hattest du höllische Angst vor Autos. Vor vier Jahren hatte ich Angst, als Mutter bei meiner einfachsten Aufgabe zu versagen. Aber das ist vorbei – ich habe dazugelernt und verstanden, dass ich keineswegs versagt habe. Im Gegenteil: Du bist der beste Beweis, wie erfolgreich dein Papa und ich waren.
Ich habe meinen Frieden gemacht, dich nicht gestillt zu haben. Und allen, die ebenso damit hadern kann ich nur sagen, hört auf euer Gefühl. Ihr seid dadurch keine schlechten Eltern, nur unsicher. Und sollte mir nochmal jemand mit dem Argument kommen, Stillkinder hätten eine bessere Beziehung zu ihren Müttern, dann sind wir beide wohl der beste Beweis, dass es auch anders sein kann.
Ich liebe dich, mein Kind.