Wenn ich mich zurückerinner, an Samuels Geburt und die Zeit danach fällt mir eins besonders auf: wie sensibel ich auf all die Außenreize, Anregungen und Einmischungen von meiner Familie in Bezug auf mein Kind reagiert habe. Alles glich der schlimmsten Bevormundung. Jede Andeutung auf müde Augen schrie für mich nach einer Einmischung in meine Erziehung. Was niemals sein durfte, schließlich bin ich seine Mutter, die einzig und allein Entscheidungen für sein Wohl trifft.
Je älter er wurde, desto schlimmer wurde es. Oft ging ich geknickt nach Hause, weil ich nicht klar artikulieren konnte, was mich störte. In meiner Vorstellung gab es einen Vater, eine Mutter und ein Kind, die sich gemeinsam Familie nannten. Alles, was sich außerhalb dieses Kreises befand, durfte ihn bestaunen, ihn lieben und Gutes für ihn tun, zumindest in dem Rahmen, den wir für ihn vorsahen. Ich verstand nicht, das SO Liebe nicht funktioniert. Liebe lässt sich nicht ausschließen.
Heute teile ich mir die Betreuung eng mit Samuels Großeltern. Ich merke, dass meine Gedanken egoistisch waren: Sorgen, Ängste und das Wohl des jenigen um den wir uns kümmern sind wesentlicher Bestandteil einer guten Erziehung. Je mehr Einflüsse wir aufeinanderprallen lassen, desto mehr stehen wir im Austausch mit unserer eigenen Erziehung, möglichen Fehlern und der stetigen Reflexion mit uns selbst.
Ich setze nicht immer alles 1:1 um, dass mir mit auf den Weg getragen wird. Aber ich reflektiere es für mich und so anstrengend dieser Weg auch sein mag. Dieser Weg macht mein Kind zu einem unglaublich glücklichen Menschen, denn er merkt, wie viele Menschen von ganzem Herzen um sein Wohl besorgt sind. “Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind großzuziehen” ist wohl der schlauste Satz, den ich zu diesem Thema je gehört habe. Wollte ich vor zwei Jahren noch die einzig, strahlende Mutter um mein Kind herum sein, bin ich heute mehr als dankbar für die Hilfe und die vielseitige, aber vor allem echte Liebe, die meinem Kind entgegen getragen wird. Diese echten Gefühle werden ihn ein Leben lang tragen, da bin ich mir ziemlich sicher.
Wenn mein Kind im Laufe seines Lebens von diesen Gefühlen Zähren, sich nähren und zu einem starken Mann heranwächst, dann war es die Mühe, Reflexion und das zurück stellen der eigenen Bedürfnisse mehr als Wert.
Auch wenn ich mal einen auf den Deckel bekomme, oder er etwas bekommt, was ich nicht möchte.Schläft, obwohl ich keinen Mittagsschlaf für ihn vorgesehen habe. All dies sind Entscheidungen, die Menschen treffen, weil sie denken es war für ihn an jenem Tag das Beste. Natürlich nervt es manchmal, aber im Grunde sehe ich diese Art der Konfrontation inzwischen mehr als eine inspirierende Reise, anstatt als nackten Machtkampf. Wir sind eine Familie, das ist es, was uns am Ende alle glücklich macht.
Kann sich jemand der um das Wohl eines Menschen besorgt ist, sich wirklich zurück halten, indem er sich nicht einmischt? Soll er Sorgen und Ängste für sich behalten? Kann ich DAS von jemandem verlangen? Ich denke inzwischen, dass ich das nicht erwarten darf. Das macht Liebe aus. Fürsorge und das wohl des anderen. Wisst ihr, wenn ich am Ende des Tages in die glücklichen Augen meines Kindes schauen darf, er mir die spannenden Erlebnisse mit Oma und Opa erzählt, weiß ich, dass dieser Weg der einzig richtige für uns ist. Es ist sein Weg, der ihn glücklich macht und alles andere ist egal!