Kürzlich wurde ich im Kindergarten meines Sohnes zum Erstgespräch gebeten. Nach drei Monaten Kindergartenzeit ging es in die erste Beratung zur Bestandsaufnahme. Nach 30 Minuten verließ ich den kühlen Raum mit vielen Fragen, Verunsicherung und einem unguten Gefühl gegenüber meinem Sohn.
Schon die letzte Zeit ist mir aufgefallen, dass sich der kleine Mann anders verhält. Er isst schlecht. Seine Laune am Abend äußert meist große Unzufriedenheit und das Verhalten seiner kleinen Schwester gegenüber ist ambivalent. Mal liebt er sie abgöttisch. In der nächsten Minute schubst er sie bereits irgendwo herunter. Schon einige Zeit vor meinem Gespräch im Kindergarten bin ich auf Ursachenforschung gegangen.
Nach meinem Gespräch im Kindergarten meine ich allerdings zu wissen, was los ist, er kommt nicht richtig in die Gruppe. Zumindest nicht so, wie er es gewohnt ist. Er versucht sich anzupassen, aber es gelingt ihm nicht. Seine Aussprache wird hier und da bemängelt. Seine Gangart. Zu steif. Unbeweglich. Nicht altersgerecht.
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Ist es okay, mein Kind zu kritisieren?
Natürlich hört keine Mutter gerne etwas Negatives über ihr Kind, oder? Es bricht einem schier das Herz, seine Mutterohren mit Situationen zu belasten, in denen das Kind bemängelt wird. Nicht ankommt.
Bislang sind wir nicht mit solchen Gedanken konfrontiert worden. Mein kleiner Mann ist bis 3,5 Jahren in meiner Obhut gewesen. Ich habe all seine Defizite recht schnell erkannt. Konnte handeln. Ihn auf einen guten Weg bringen. Jetzt sind es die anderen Menschen, die mir Ratschläge mit auf unseren Weg geben. Es steht mir frei sie anzunehmen, natürlich, aber möchte man als Mutter schuld sein später etwas verpasst zu haben?
Hat man nicht generell immer Angst, das Kind könnte es zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens schwerer haben als gewünscht? Möchte man nicht genau DAS vermeiden? Sein Kind vor allem Beschützen?
Muss mein Kind perfekt sein?
Ich sehne mich nach einer unbeschwerten Kindheit für ihn. Nach einer Zeit in seinem Leben, in der er, einfach sein darf. So wie er ist. Frei von Erwartungen und Optimierungsgedanken. Natürlich geht immer mehr. Sind wir mal ehrlich, aber sollten wir unseren Kindern nicht eine Zeit zugestehen in der sie SO sein dürfen, wie sie möchten? Ohne Termine für xy, um xy zu verbessern? Ihnen eine Zeit zugestehen, in der sie Dinge zu dürfen, weil unsere Kinder sie gerne von sich herausmachen?
Die ersten sechs Lebensjahre
Eigentlich gibt es doch diese Zeit im Leben eines Menschen, in der er spielen darf. Leben darf. Frei von Hausaufgaben, Terminen und dem Wunsch der Gesellschaft den heranwachsenden mit Wissen zu füllen, damit später aus ihm ein funktionaler Teil der Gesellschaft wird. Der beste Teil, den unser Bildungssystem aus ihm heraus holen konnte.
Die ersten sechs Jahre eines Lebens sind frei von diesen Gedanken und es macht mich traurig, dass selbst in dieser Zeit an unseren Kindern herum optimiert wird.
Natürlich sollen sie es später leichter haben. Wenn sie mit drei noch nicht gut sprechen können, ist die Sorge groß, dass sie es in der Schule auch noch nicht können. Kinder lernen. Kleine Menschen sind Wesen, die im Gegensatz zu uns Erwachsenen von Natur aus wissbegierig sind. Hungrig auf neue Tatsachen. Sie laufen mit riesen Augen durch die Welt, weil sie noch Freude daran haben sie zu entdecken.
Ist es nicht so, dass der Mensch geboren wird, mit dem Drang zu lernen? Wie kommt es also, dass ein erwachsener Mensch meist keine Freude mehr an Bildung verspürt und sie mit etwas negativem assoziiert? All unsere Frustration als erwachsene Menschen hat doch nur stattgefunden, weil wir vielleicht immer irgendwo Rückschläge erleben mussten. Verunsichert wurden. Demotiviert. Meist ist unsere Freude am lernen auf unserem Lebensweg verschwunden gegangen, weil sie uns von “guten” Pädagogen genommen wurde.
Natürlich möchte ich, dass mein Sohn gefördert wird. Aber ich möchte auch, dass wir lernen unseren Kindern zu vertrauen. Sie ermutigen, statt ihnen die Freude zu nehmen. Vor allem möchte ich aber, dass wir Ihnen ihre Zeit lassen, die sie brauchen, um von alleine zu lernen. Ich weiß, dass unsere Sorgen und Ängste uns viel zu oft viel zu früh intervenieren lassen. Am Ende eines Tages sollen sie aber doch glücklich werden? Denn ist das nicht viel wichtiger, als perfekt?
Ich weiß es nicht, wisst ihr es?
Der beste Tipp, den wir jemals von einer Psychologin bezüglich unseres Sohnes bekamen war: Haltet ihm die Förderer vom Leib, damit er in Ruhe wachsen kann.
Gut geschrieben liebe Alina. Die Kinder sollen möglichst schon im Kindergarten “perfekt” sein. Bei einigen sind die Nachmittage schon verplant und dies nicht mit Spielen, sondern mit Musikerziehung, frühkindlicher Förderung usw.. Kann ein Kind nicht mal ein Kind sein ? In der Schule geht es dann weiter, hier steigt der Druck und die Erwartungen noch mehr. Mich nervt das gewaltig. Besonders kleine Kinder wollen forschen und auf spielerische Weise die Welt entdecken und lernen ohne Beurteilung. Jedes Kind ist anders in der Entwicklung und wird später auch seinen Weg gehen. Für mich ist immer das Wichtigste, dass meine Kinder glücklich sind. Man sollte mehr Urvertrauen haben.