Einmal im Jahr bin ich so traurig

Einmal im Jahr gibt es ihn immer noch, auch nach 15 langen Jahren. Diesen Tag, an dem ich daran erinnert werde, dass es Dich nie wieder in meinem Leben geben wird. Dachte ich eins noch: Die Zeit heilt alle Wunden, weiß ich heute – 15 Todestage später, dass die Zeit die Schmerzen lindert. Sie verblasst die gemeinsamen Erinnerungen, die Gerüche schwinden, aber dieses Loch hat die Zeit selbst heute noch nicht geschlossen.

Immer noch sehe ich dieses kleine Mädchen in ihrem Bett liegen. Ihren Vater in ihrer Tür. Er ging in dieser Nacht, wenige Minuten zuvor ans Telefon. Aber sie wusste es bereits, denn sie hatte dort gestanden. Im Türrahmen des kleinen Mädchens. Sie hatte gewunken und geflüstert: “Machs gut“. Als sie in dieser Nacht aus dem Türrahmen verschwand, wusste sie es. Nun war sie war fort gegangen – für immer. Nach sieben langen Jahren Krankheit und Leid, war sie endgültig von ihr gegangen. Ihre geliebte Oma.

Ich wusste bereits damals, dass nach Deinem Tod unsere Familie wie Staub zerfallen würde. Ich nie wieder die Gelegenheit dazu haben würde Deine weiche Hand zu halten. Deine starke Hand. Denn das warst Du dein Leben lang, mein Vorbild, die Frau, die mich ein Leben lang prägte – als Ersatzmutter, Freundin und Wegbegleiterin. Es hat lange gedauert bis ich an dem Tag heute nicht mehr zusammenbreche. Sehr lange. Obwohl meine Mutter immer und immer wieder sagte: DU musst sie gehen lassen. Sie hat ihren Frieden verdient. Ein Teil von mir verstand es. Ein Teil von mir hängt noch heute an alten Erinnerungen fest. Auch nach 15 langen Jahren.

Unsere gemeinsame Zeit ist mit das Schönste in meinem Leben

Egal wie schwer irgendein Zustand auch nur zu sein schien, bei Dir war meine Welt in Ordnung. Noch heute erinnere ich mich an Deinen Duft. An Deine Art, wie Du mir mit Deiner Hand die Haare aus dem Gesicht gestrichen hast. Wie wir dort nach Deiner Diagnose Brustkrebs standen – gemeinsam und daran glaubten, dass es trotzdem nie eine Welt ohne einander geben würde. Du schenktest mir den nötigen Halt, die nötige Prise Humor für ein gutes Leben und ja Du gabst mir die Grundbausteine mit auf den Weg für das strukturierte Leben, das ich heute führe.

Dank Dir bin ich geworden, wer ich bin.

Meine Eltern sind mir unheimlich wichtig, einer der wichtigsten Menschen auf dieser bunten Erde, aber Du Oma zeigtest mir die Schönheit des Lebens. Die unterschiedlichsten Facetten. Wenn ich Menschen ein Stück meiner Lebensgeschichte erzählte, fragten viele: Wie bist du nur so Bodenständig und glücklich geworden? Meine Antwort? Weil es Dich gab!

Als Du an dem Tag, heute genau vor 15 Jahren unsere Welt für immer verlassen musstest, war und ist nie wieder alles so geworden, wie es war. Lange Zeit blieb es sehr, sehr dunkel in meiner Welt. Heute habe ich meine eigene Familie. Bin ein wenig zu dieser Frau, die ich einst so liebte, für meinen Sohn geworden, aber manchmal, wenn ich alleine bin, wenn es ganz ruhig ist, denke ich daran, wie es wäre, wenn Du in die Augen meiner Kinder sehen könntest.

Wenn Du diese Freude sehen könnte, mit der ich einst diese Welt für eroberte. Wie gerne würde ich Dir, die zwei Menschen vorstellen, die mein Leben wieder bunt gemacht haben. Die mir meinen Lebensmut zurückgaben. Die jeden meiner Tage zu einem besseren machen. Mit ihnen ist alles wieder so geworden, wie es einmal war. Mein Herz pocht wieder im Tackt des Lebens. Endlich kann ich sagen, es ist nur noch dieser eine Tag im Jahr, an dem ich Dich wirklich bis ins Mark vermisse.

Es ist nur noch dieser eine … aber auch nach 15 Jahren, ist es noch dieser eine Tag im Jahr an dem ich Dich schmerzlich vermisse!

 

.. In ewiger Liebe, deine Alina!

….

Das sind die Stunden, die wir nicht begreifen!
Sie beugen uns in Todestiefen nieder und löschen aus, was wir von Trost gewußt!
Und doch sind das die Stunden, deren Last uns Stille lehrt und Rast.

Hermann Hesse

 

Tags: Familie, Gedanken, Ich vermisse Dich, Todestag

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Ich bin 34 Jahre jung. Mama von zwei Kindern. Einem Sohn (01/14) und einer kleinen Tochter (08/16). Gemeinsam leben wir am Stadtrand von Köln. Streifen durch die Wälder, kochen, backen und tanzen zusammen. Meinen Blog gründete ich an einem kühlen Februarmorgen im Jahr 2014, als ich nach der Geburt meines ersten Kindes wieder einmal dachte: "So wir mir, geht es sicherlich vielen anderen Eltern da draußen, wieso spricht denn keiner darüber?" In diesem Augenblick traf ich den Entschluss und offenbahrte meinem Partner: "Liebling? Ich blogge - jetzt!" und das war die Geburtsstunde meines Mamablogs. Schön, dass Du den Weg zu mir gefunden hast!
Die frühe Freundschaft mit Obst // Geht denn das überhaupt? Die Ferne erleben mit For Family Reisen // Urlaub mit Kindern mal anders!

Comments

  1. Antworten

    Da muss ich jetzt gerade auch sehr schlucken und meine Tränen wegwischen. Meine geliebte Oma verließ uns vor zwei Jahren vollkommen unerwartet und dieser Schmerz wird wohl auch nie vergehen … auch wenn er im Alltag mit Kind nicht immer präsent ist.

    Aber wie gut geht es uns doch, solch einen tollen Menschen im Leben gehabt zu haben.

    LG
    Jessi

  2. Antworten

    Ach Alina, jetzt sitze ich hier und die Tränen laufen über mein Gesicht. Ich kenne das Gefühl, das Vermissen hört irgendwie nie auf und gerade um meine Kinder, die meine Mutti nie kennenlernen werden, tut es mir so leid.
    Liebe Grüße, Ann-Christin

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