Es ist einer dieser Tage, an denen wir beschließen gemeinsam zu basteln. Wir kneten eine riesige Figur, die nach vielen Stunden immer noch nicht nach einem Kunstwerk aussieht, sondern nicht viel mehr als einem unschönen Haufen Knetmasse ähnelt. Wir malen Bilder ohne jegliche künstlerische Begabung. Meine Kinder sind kreativ. Ich, ihre Mutter, bin talentfrei. Ich gebe mein Bestes. Wirklich. Dennoch bleibt für mich am Ende nicht mehr als ein: “sie war stets bemüht” übrig.
Ich surfe auf Instagram und Pinterest. Bin auf der Suche nach schönen Inspirationen oder Bastelideen, die ich mit meinen Kindern zum Leben erwecken darf, während es draußen in Strömen regnet. Eigentlich könnten wir raus gehen mit Gummistiefel bekleidet und in Pfützen springen. Wir könnten uns die zusätzliche Wäsche aber auch sparen und mal etwas anderes unternehmen: Basteln, malen, singen und tanzen. All das, was wir so gerne machen, aber viel zu selten in die Tat umsetzen, da wir immer unterwegs sind.
Sind es die Anderen?
Leider muss ich als Mutter zugeben, dass mich die Kunstwerke, die Freizeitaktivitäten der anderen stressen. Es wirkt alles so perfekt. Viel zu oft entdecke ich statt kleiner Kunstwerke von Kindern, die in Begleitung der Eltern erbaut wurden, richtige imposante Kunstwerke. Kleine Mini Van Goehs oder Monets. Instagram ist voll von einem glitzernden Schein, der mich jeden Tag aufs Neue erstarren lässt. Ein Marktbesuch aus dem frisch zubereitetes Essen in drei fein verzauberte Gänge folgt, während bei uns die halb selbst gemachte Pizza, die nach wenig aussieht, auch noch an die Wand geworfen wird.
Instagram ist voll von frischen Blumen angerichtet auf einem Blumenbouquet, bei dem eine ausgebildete Innendekorateurin vor Neid erblassen würde, während vor mir vertrocknete Rosenblüten ihren Glanz versprühen. Ebenso das usselige, nicht besonders stylisch eingerichtete, unaufgeräumte Kinderzimmer. Ist es der Exot im Alltag der neuen Generation Familie?
Während ich hin und her schaue, zwischen meinen Kindern, dem nicht perfekt gedeckten Tisch und unserer so halb selbst gemachten Pizza, schaue ich in die leuchtenden Augen meiner zwei Kids. Wie sie sich gegenseitig füttern. Laut Gackern und die Hände in die Lüfte werfen. Nichts drum herum ist perfekt. Es sieht um ehrlich zu sein schrecklich aus. Der Tisch ist beinah leer. Das Essen verschmiert über den ganzen weißen Tisch. Um das Baby herum ist nichts außer Essensreste, der Rest liegt rings herum auf der Erde verteilt. Ein Bild für Instagram könnte wohl kaum in diesem Moment entstehen. Dabei ist er so voller Emotionen.
Wir sind es nicht! & Wollen es auch nicht sein!
Ich entdecke ihren Willen zu toben. Zu basteln so, wie ihnen der Sinn danach steht. Plötzlich streiten sie sich. Werfen das Essen in alle Himmelsrichtungen. Herrjemine sind meine Kinder anstrengend geht es mir immer und immer wieder durch den Kopf, während sich langsam aber die stetig die Panik in mir breitmacht, dass wir nach diesem Essen endgültig renovieren müssen. Ich spüre wie sich die Wut in mir breitmacht. Wie ich meine Kinder anschreien möchte, um ihnen klar zu machen, dass DAS HIER ZU WEIT geht. Ich, die Person, die dieses Chaos am Ende beseitigen muss, auch wichtig in unserem System Familie bin.
Doch statt zu schreien, erkläre ich ihnen genau das. Das es viel Arbeit für mich ist nach dem Kochen zusätzlich so viel wieder sauber zu machen, wenn es eigentlich nicht sein muss. Sie verstehen es und helfen mir beim Beseitigen des Chaos. Gemeinsam schaffen wir eine halbwegs annehmbare Ordnung, setzen uns wieder an unsere halbwegs guten Kunstwerke, während wir nicht mehr darauf achten, ob es um uns herum fototauglich aussieht oder nicht.
Denn ist es nicht so, dass am Ende eines Tages meinen Kindern nicht das fehlende Kunstwerk in Erinnerung bleiben wird, als vielmehr die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben? Und vor allem WIE WIR diese Zeit GEMEINSAM genutzt haben?
Ist es nicht so, dass meinen Kindern weder der perfekt gedeckte Tisch, noch die perfekte selbst gemachte Pizza in Erinnerung bleiben wird. Am Ende werden es die mit Leben gefüllten Minuten sein, die wir gemeinsam am Esstisch verbracht haben, die meinen Kindern später vielleicht ein Stück Kindheit in Erinnerung rufen werden.
Sie werden sich an das fröhliche Lächeln der Frau erinnern, die sie mit ihrer möglichen Fürsorge und Kreativität durch den Tag begleitet hat. Sie werden sich nicht an all die Situationen des Tages erinnern in denen ihre Mutter keine perfekten Dinge getan hat. Sie werden sich an die Begegnungen erinnern. Wie ich ihnen entgegen getreten bin. Meinen Unmut geäußert habe. Am Ende eines Tages zählt nicht, dass wir perfekt sind, sondern nur, wie wir uns begegnet sind.
In Liebe geschrieben!
Ach so schön, du schreibst mir aus dem Herzen. Meine Wohnung versinkt in einem einzigen Chaos. Wenn ich eine Story mache bei Instagram, muss ich echt aufpassen, was man hinter mir sieht, sonst könnten Menschen denken, ich sei ein Messi oder sowas :D Ich hätte es ja wirklich gerne so wie auf diesen perfekten Bildern, aber es entspricht einfach nicht meiner verfügbaren Zeit geschweige denn meinem Geldbeutel. Tja, so ist es halt und vielleicht werde ich es auch irgendwann akzeptieren. Bis dahin versinke ich einfach weiter im Chaos und spiele mitten drin mit meinen Kindern Lotti Karotti ;-)
Ganz liebe Grüße,
Janina