Es gibt zwei Arten, wie Menschen auf die Geburt meiner Kinder reagieren. Die eine Sorte senkt betroffen den Blick und wendet sich schnell einem anderen Thema zu. Die andere schickt eine Floskel wie “Hauptsache das Kind ist gesund” mit auf meinen Weg.
Beide Wege haben eins gemeinsam. Sie beschäftigen sich an der öberflächlichsten Sphäre, die es auch nur gibt mit dem Thema einer Kaiserschnittgeburt. Sie gehen entweder davon aus, dass Frau zu tiefst unter ihrer Erfahrung leidet oder aber, was ich sogar etwas ironisch finde, dass Frau den leichteren Weg der Geburt durch Zufall oder bewusst gewählt hat.
Meine Geburten waren Kaiserschnitte.
Zwei Mal nicht geplant. Und schon gar nicht gewollt. Meine Mutter hatte mehr oder weniger drei gewollte Kaiserschnitte, weil sie – vielleicht kann man das pauschal so sagen, der Typ dafür ist. Als ich ihr von den Plänen meiner Geburt erzählte. Von den Vorbereitungen rollte sie liebevoll die Augen. “Tu dir das nicht an Kind. Mach am besten gleich einen Termin für einen geplanten Kaiserschnitt. Die Gesundheit geht vor und wir sind einfach nicht für eine natürliche Geburt geboren.”
Unvorbelastet ging ich in die erste Geburt hinein. Es passierten Dinge, von denen ich nie etwas gehört hatte. Die Ärzte hatten Sorge, dass der Bauch meines Kindes zu groß sein würde, um gut durch seinen Geburtskanal zu finden. Ich wurde schnellstmöglich eingeleitet. Die Fruchtblase wurde eröffnet. Alles Dinge, die viel zu sehr in die Geburt eingriffen. Ich aber nicht wusste.
Die Geburt wird eingeleitet
Nach acht Stunden und keinem erkennbaren Fortschritt (Muttermund auf 3 cm), aber starken Schmerzen – entschlossen wir uns für einen Kaiserschnitt, immerhin wurde unser Sohn auf 4600 Gramm geschätzt mit einer gefährlichen Kopf-Bauch-Differenz. Keiner wollte ein Risiko eingehen. Die Operation schien der einzig richtige Weg.
Heute weiß ich? So war es auch, denn mein Sohn hatte sich unter der Geburt verkeilt. Er steckte fest. Alleine hätte er sich daraus nicht befreien können, daher mein Geburtsstillstand.
In dieser Nacht war die Operation der richtige Weg.
Ich verlor viel Blut durch die Lage meines Kindes. Ich brauchte etwas, um mich von den Strapazen der Geburt zu erholen. Zu allem Überfluss ist das Narkosemittel hochgestiegen und so habe ich nicht einmal viel von meiner Geburt miterlebt. Ich stand kurz davor Intubiert auf Intensiv zu kommen. Doch nach und nach, als der Besuch eintrudelte, schien die einzige interessante Frage zu sein: “Natürlich oder per Kaiserschnitt? Wie kam es?” Fiel meine Antwort folgte ein bedrücktes Schweigen. An das sich die, ich kann sie nicht mehr hören, “Hauptsache gesund” Floskel anschloss.
Kaiserschnitt Geburt und nun?
Natürlich ist gesund das A und O. Nichtsdestotrotz hat dieser Satz etwas von “Ich weiß nicht was ich sagen soll, awie schlimm“. Anstatt den Menschen anzuschauen und ihn zu fragen “wie geht es dir damit?“. Oder “wie fühlt es sich an?”.
Meine zweite Geburt
Eine neue Chance?
Bei meiner zweiten Geburt ließen mich meine diensthabenden Hebammen sehr lange entscheiden, welchen Weg ich für mich für richtig hielt. Ich durfte sage und schreibe 20. Stunden versuchen mein Kind auf natürlichem Weg auf diese Welt zu entlassen. Nachdem der Muttermund sich sogar vollständig auf 10 cm geöffnet hatte, das Baby meinte sich noch einmal drehen zu müssen und mit dem Kopf nicht richtig ins Becken rutschte, da der Kopfumfang für mein Becken sehr wahrscheinlich zu groß, fiel die Entscheidung für einen erneuten Kaiserschnitt.
Aus dem Grund, dass der Weg des Babys noch weitere 7 Stunden dauern könnte. Meine Ärzte wussten nicht, ob meine Narbe diese aushalten würde.Im schlimmsten Fall könnte meine Narbe reißen. Nach 20. Stunden machte ich mir keine Gedanken, mehr ob Pech gehabt oder nicht. Ich hatte keine Kraft mehr.
Nach meinem ersten Kaiserschnitt fühlte ich mich, wie die größte Versagerin. Nach meinem zweiten Kaiserschnitt blieb nur die Sehnsucht nach weniger Schmerzen. Dem Wunsch nach der Geburt aufzustehen. Zu duschen. Ich wünschte mir das, was Frauen nach einer natürlichen Geburt dürfen. Ich sehnte mich nach Normalität. Aber! Es ging mir gut. Ich hatte alles gegeben.
“Das ist okay”
Kein Grund für Floskeln. Es ist einfach eine verpasste Erfahrung. Etwas auf das ich mich beim zweiten Mal mit biegen und brechen vorbereitet habe. Yoga, Tee, Sport, Akupunktur – alles und noch mehr nützten nichts, um das Kind durch mein Becken zu bewegen.
Heute blicke ich trotzdem gerne auf meine Geburten zurück. Auf das was ich geleistet habe. Auf die Gesundheit meiner Kinder, die mit diesen beiden Operationen gesichert wurde.
Ich würde mich aus Angst vor einer natürlichen Geburt niemals für einen geplanten Kaiserschnitt entscheiden. Trotz allem bin ich sehr dankbar, das es die Art der Intervention unter der Geburt gibt. Ich habe großes Glück, dass ich zwei vollkommen gesunde Kinder zur Welt gebracht habe. Wer weiß, ob dies so der Fall gewesen wäre ohne unseren medizinischen Fortschritt.
Ich schaue mit Stolz und Ehrfurcht in den Spiegel, während ich meine leicht schimmernde Narbe erblicke und weiß, sie hat mir das größte Geschenk auf Erden in Herz und Arme gelegt. Meine Kinder. Egal wie es hätte anders laufen können. Es war unser Weg. Den Weg, den meine Kinder, mein Körper gewählt hat. Es muss der richtige Weg gewesen sein. Ohne wenn und ohne aber.
Meine Narbe ist meine Erinnerung an die schönsten Tage meins Lebens. Die Geburt meiner Kinder.
Es ist alles gut so, wie es ist.
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Mein Sohn wurde im Februar 17 geboren. Er ar zwar kein Kaiserschnitt, aber fast. Wir waren kurz vor einem Notaiserschnitt. Ich habe lange gehadert, weil alles so anders lief als geplant (eigentlich sollte es eine Geburtshausgeburt werden) und ich auch irgendwie traumatisiert war durch Sätze wie: Kein Herzschlag mehr! Noch ein Versuch, dann müssen wir die Saugglocke holen. Inzwischen sehe ich es anders. Ich bin froh, dass es doch noch eine Spontangeburt werden konnte und ich bin dankbar, dass wir gut aufgehoben waren und notfalls beide durch einen Notkaiserschnitt gerettet worden wären. Du hast recht. Es ist gut so wie es ist.