AD(H)S bei Kindern ist kein Kinderspiel. Immer wieder treffe ich durch Zufall auf Betroffene, die mir von einem Alltag mit ihrem Kind berichten, der alles andere als einfach ist. Die Diagnose hin zu AD(H)S meist langwierig und schwierig. Bis feststeht “Ja, ich hatte Recht. Mit meinem Kind stimmt was nicht.” Sind meist Jahre ins Land gezogen. Und dann? Wie wird heutezutage die doch recht populäre Krankheit AD(H)S therapiert? Meistens mit Medikamenten. Oft sogar viel zu früh, finde ich.
Daher stehe ich dieser Krankheit auch immer etwas skeptisch gegenüber. Vor kurzem durfte ich Thomas, Vater von zwei Jungs kennenlernen, und dank ihm einen komplett neuen Therapieansatz für AD(H)S. Seine Idee hinter seinem Unternehmen NeuoLifeBalance spricht mich mich so an, dass ich überzeugt davon bin, dass es noch mehr Betroffene kennenlernen müssen. Es gibt endlich eine alternative zur bisher bekannten Therapie. Und wenn es das nicht ist, so ist es darüber hinaus ein Anlaufpunkt, um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Aber hört euch sein Konzept an. Ich bin mir sicher es wird auch euch neugierig machen.
Lieber Thomas, bitte stell dich doch mal kurz für meine Community vor?
Thomas: Sehr gerne. Mein Name ist Thomas Weidauer, ich bin Vater von zwei lebhaften Jungs, wohne in Neuss und bin der Gründer von NeuroLifeBalance.
Du hast eine neue, medikamentenfreie Therapiemethode für AD(H)S auf den Weg gebracht, richtig? Warum?
Thomas: Mein Sohn Max ist 9 Jahre alt und schon recht früh begannen diverse Auffälligkeiten, die schließlich zur Diagnose AD(H)S führten. Den schulischen und familiären Alltag als Herausforderung zu beschreiben, kam damals einer ungeheuren Untertreibung gleich. Die Standard-Therapien zeigten keine Wirkung und auch die einschlägigen Medikamente samt ihrer Nebenwirkungen waren eher Fluch als Segen. Als dann noch die Empfehlung „stationäre Klinikeinweisung“ kam, war ich am Boden zerstört. Viele schlaflose Nächte, Tränen und Recherchen später fand ich „Brain Balance“ in den USA. Das ist ein spezielles medikamentenfreies Sensorik- und Motoriktraining, dass die Ursachen vieler neurologischer Entwicklungsstörungen in einer ungleichen Entwicklungsgeschwindigkeit der rechten und linken Hemisphären im Gehirn sieht und das dieses Ungleichgewicht durch ein sogenannten „Hemisphären-Integrationstraining“ angleicht. Mit der drohenden Einweisung meines Sohnes in eine stationäre Kinderpsychiatrie im Rücken sowie der Aussage des Arztes, dass die wahrscheinlich nicht helfen wird, es aber in Deutschland keine andere Option mehr gäbe, sind wir einfach das Wagnis eingegangen und waren letztes Jahr 3 Monate in den USA, um dieses Training ganz praktisch auszuprobieren.
Es hat Max und unser Leben völlig verändert und uns ein großes Stück Lebensqualität zurückgegeben.
Das möchte ich jetzt auch anderen Familien ermöglichen und habe diese Methode direkt beim Entwickler des Trainings, Dr. Robert Melillo, studiert und dieses Jahr NeuroLifeBalance in Deutschland gegründet. Wichtig zu erwähnen ist allerdings, dass es sich nicht um eine medizinische Therapie handelt, sondern um ein medikamentenfreies Personal Training für das Gehirn.
NeuroLifeBalance trainiert also AD(H)S, Lernschwierigkeiten und andere Entwicklungsprobleme. Magst du kurz erklären, worum es sich bei diesen Krankheiten handelt und wie dein Training aussieht bzw. sich von anderen Methoden unterscheidet?
Thomas: AD(H)S zeigt sich am deutlichsten in Form einer Aufmerksamkeitsstörung mit motorischer Unruhe und fehlender Impulskontrolle, oftmals noch verbunden mit Problemen im Sozialverhalten. Lernschwierigkeiten beziehen sich am häufigsten auf die Lese-/Rechtschreibschwäche und Rechenschwäche. Weitere Entwicklungsprobleme umfassen motorische und Sprachschwierigkeiten, Tics und auch manche Formen von Autismus. NeuroLifeBalance verlässt den Pfad der bislang genutzten Methoden und konzentriert sich auf Bewegung und die Sinne der Kinder. Das Ziel ist ein Ausgleich von ungleichen Entwicklungszuständen der rechten und linken Hemisphäre im Gehirn, die für diese Probleme verantwortlich sind.
Mit welcher Fragestellung kommen die Eltern zu dir und wer stellt die Diagnose?
Thomas: Unsere Kunden haben ganz häufig schon einen langen und schweren Leidensweg hinter sich. Von Unverständnis im Umfeld (Familie, Schule und Gleichaltrige) bis zu schier endlosen Therapiesitzungen zeigen sich nicht nur bei den Kindern Widerstand und Frustration, auch die Eltern sind mit ihrer Kraft meist am Ende. Da wir keine Therapie anbieten, stellen wir auch keine medizinische Diagnose. Wir machen aber ein umfangreiches Assessment vor dem Training und nach jeweils 5-6 Wochen, um Fortschritte zu messen und das Training individuell anzupassen.
Wie stellst du dir eine ganzheitliche Behandlung von AD(H)S vor?
Thomas: Da es sich um ungleiche Entwicklungslevel der rechten und linken Hemisphäre im Gehirn handelt, konzentrieren wir uns sensorisch und motorisch auf die schwächer entwickelte Gehirnhälfte, um diese maximal zu fördern und damit Balance wiederherzustellen. Das Ziel ist, Schwierigkeiten zu lindern bzw. im Idealfall ganz verschwinden zu lassen. Die einfachen Übungen können bereits nach 3-6 Monaten messbare Verbesserungen aufzeigen und werden stets spielerisch und mit positiver Motivation ganz ohne Leistungsdruck durchgeführt. Außerdem haben wir die Ernährungskomponente im Blick und geben auch hier Empfehlungen.
Wie läuft das Training ab?
Thomas: Nach einem (meist telefonischen) Erstgespräch, unserem Eingangsassessment und der Auswertung unserer Fragebögen erstellen wir ein individuelles Programm mit einem wöchentlichen Personal Training á drei Stunden, bestehend aus Koordinationsaufgaben, Stabilisierungstraining, Sinnesübungen und Atemübungen, die jeweils die schwächere Hirnhemisphäre besonders stimulieren. Ergänzt werden diese Trainingsstunden durch ein Heimtraining, in das täglich ca. 10-20 Minuten investiert werden.
Was genau bewirkt das Training?
Thomas: Die Trainingseinheiten umfassen motorische und sensorische Übungen (Muskel-/ Koordinations-/Balancetraining und taktile/auditive/olfaktorische/rhythmische Stimulation). Wir reizen also alle Sinne, um eine maximale Stimulation der schwächer entwickelten Hemisphäre zu erreichen. Da ein gesundes Gehirn bei guter Ernährung, Atmung und Stimulation mit Lernen und Reifen reagiert, kann die schwächer entwickelte Hemisphäre mehr lernen und damit sozusagen „nachreifen“. Die Balance der beiden Hemisphären wird verbessert. Das Ergebnis sind erlebbare und messbare Erfolge in der Schule und Zuhause.
Wie kommt man an dieses Training, das du vorschlägst, heran?
Thomas: Interessierte und betroffene Eltern können sich jederzeit auf unserer Website informieren. Noch mehr freuen wir uns natürlich über eine persönliche Kontaktaufnahme per Telefon oder Email. Danach können beide Seiten entscheiden, ob, wann und wie das NLB-Programm gestartet werden kann. Zusätzlich bieten wir regelmäßig spezielle Infoabende an, wo wir das „Hemisphären-Integrationstraining“ im Detail interessierten Eltern vorstellen.
Welche Kinder sind bei dir gut aufgehoben?
Thomas: Natürlich ist es uns ein großer Wunsch, allen betroffenen Kindern zu helfen, aber es ist sinnvoll, gewisse Parameter zu etablieren, wie z.B.: ein Lebensalter zwischen 5-11 Jahren, eine gesicherte Diagnose von einer Fachperson, attestierte Sportgesundheit, eine gewisse Motivation und die Bereitschaft für ein regelmäßiges Training sowie die erforderlichen Zeitfenster für die Trainingseinheiten.
Wenn man nun nicht in Düsseldorf wohnt, hat man trotzdem eine Chance, mit NeuroLifeBalance zu arbeiten?
Thomas: Die NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf ist derzeit der Gründungsstandort von NeuroLifeBalance. Allerdings ist das nur der Start dieses großartigen Angebots, weitere Standorte sind in Planung. Zusätzlich arbeiten wir mit Hochdruck daran, ein Online-Programm zu erstellen, um auch Familien, die nicht in erreichbarer Nähe eines Zentrums wohnen, Hilfe bieten zu können.
Was möchtest du Eltern mit Kindern, die AD(H)S diagnostiziert bekommen haben oder bei denen der Verdacht im Raum steht, mit auf den Weg geben?
Thomas: Letztes Wochenende saß die ganze Familie am Frühstückstisch und mein Kleiner hat einen ganz banalen Witz gemacht. Erst prustete sein großer Bruder los und schließlich die ganze Familie. Entspannung, Fröhlichkeit, Gemeinschaft, liebevolles Zusammensein – Gefühle, die ich mir lange ersehnt hatte und die inzwischen Teil unseres Alltags sind.
Der Weg aus dem Chaos ist vielleicht lang und manchmal schwer, aber es gibt ihn und ich bin froh, dass wir den Mut aufgebracht haben, ihn zu gehen.