Gibt es das perfekte Kind? Wünschen wir es uns überhaupt oder ist es nur der Wunsch nach etwas anderem, was wir nicht haben, was uns manchmal im Alltag mit unserem Kind Sehnsucht verspüren lässt? Ich überlege oft, was es eigentlich ist, was ich mir wünsche, wenn ich das Verhalten meines Kindes mal wieder nur schlecht ertragen kann. Letztens hatte ich dabei einen wirklich klaren Moment. Ich unterhielt mich gemeinsam mit meinem Vater über die Wesenszüge meiner Kinder bis mir sehr klar deutlich wurde, dass ich sie auf diesem Weg perfekt stigmatisiere. Im zweiten Gedankengang, dachte ich, komisch? Wie sollen sie denn da wieder selbst herausfinden, wenn ich im Grunde nur auf das Verhalten wirklich achte, das meine Thesen bestätigt?
Während ich immer wieder genau dann auf die Kleine achte in der sie das macht was ich von ihr erwarte, schaue ich meinen Sohn gedankenverloren an, als er auch das Verhalten an den Tag legt, das ich so gut an ihm kenne. Im gleichen Moment denke ich mir STOPP. HALT. So nicht. Ich versuche eine Übung aus meinem Achtsamkeitskurs anzuwenden und die beiden Kinder wie Außerirdische zu betrachten. Ich sehe sie an wie zwei Menschen, die ich SO noch nie angesehen habe. Nicht vertraut. Mir völlig fremd. Alternativ kann man die Kinder auch anschauen wie eine Rosine, die vor einem auf dem Tisch liegt.
Auch bei dieser Übung geht es darum, das Kind so wahrzunehmen als ob man es gerade zum ersten Mal sieht. Was ich dabei für mich entdecken durfte war erschreckend, wie zauberhaft. Ich sah meine Kinder im wahrsten Sinne des Wortes mit ganz neuen Augen. Beide schon so wie ich sie kenne, aber mit ganz neuen Eigenschaften. Ich habe gelernt meinen Blickwinkel zu verändern. Jetzt sehe ich sie mit mehr Verständnis, vielschichtiger und dadurch weniger kompliziert. Auch ihnen hat diese neue Sicht gut getan, das spüre ich. Sie sind freier. Mir kam es fast schon so vor, als müssten sie sich so verhalten, um die Erwartungen zu erfüllen.
Nun habe ich das Gefühl, dass wir unseren Alltag gemeinsam freier gestalten können. Immer wenn mir bewusst wird, dass ich festgefahren scheine, mache ich eine der beiden Übungen. Abends führe ich ein kleines Tagebuch für mich, um aufzuschreiben, welchen Moment mit Kind ich bewusst genossen habe und wie sich dies für mich angefühlt hat. Es ist schön am Abend den Familientag noch einmal Revue geschehen zu lassen. Es lässt mich auch unbelasteter in den nächsten Tag starten. Am Abend findet jedes Kapitel seinem Abschluss. Genau das ist es, was man manchmal für ein glückliches Familienleben benötigt, findet ihr nicht auch?
Das liest sich wirklich schön und ist eine gute Idee. Ich beobachte meine Kinder auch sehr gern und genieße die Zeit mit ihnen. Sie sind etwas ganz besonderes und ich freue mich, dass sie so sind, wie sind sind, auch wenn es manchmal anstrengend sein mag. Am Ende ist es halt doch ziemlich cool, dass sie ihre Ecken und Kanten haben und anders sind, als man selbst.